Portrait

Angelika Luz – Regiearbeiten und Bühnenprojekte 

Im Dialog der Künste Neues erschaffen

Angelika Luz steht für ein Musiktheater der Grenzüberschreitung: Im Dialog der Gattungen und Genres entwickelt sie aus Musik, Wort und Bewegung Neues. Für Mitwirkende vielfach eine verblüffend neue Erfahrung – und für das Publikum ein lustvolles Abenteuer, ästhetisch anregend und mitreißend. Was treibt die Sopranistin, Hochschullehrerin und Regisseurin an?

Angelika, was hat dich zur Regie gebracht?

Was Regie bewirken kann – das fasziniert mich seit meinem Gesangsstudium. Als Sängerin gestaltet man ja fast immer auch Texte und trifft auf Geschichten und Botschaften. Wie muss ich diesen Inhalt einordnen und verstehen – etwa aus seiner Entstehungszeit? In welchem Szenario bewege ich mich, in welchem Geflecht von Beziehungen zwischen den handelnden Personen? Was für eine Persönlichkeit verkörpere ich in meiner Rolle? Und wo berührt das Kunstwerk uns und unser Leben in der Gegenwart?

Gibt es Personen des Regietheaters, die dich geprägt haben?

Es ist für mich ein Glück, große Regiepersönlichkeiten erlebt zu haben. Über viele Jahre konnte ich mit dem Regisseur Ernst Poettgen an dramaturgischen Prozessen arbeiten, bei der Einrichtung bestehender Werke des Musiktheaters, aber auch bei der Entwicklung neuer szenischer Darstellungsformen von Musik. In der Zusammenarbeit mit dem Regisseur Christof Loy hat mich sein präziser Blick auf die Menschen beeinflusst – wie durch ein Mikroskop. Zwei weitere prägende Eindrücke waren die sensible Neugier der Tanztheater-Choreografin Daniela Kurz mit ihrer Demut vor dem Werk. Und schließlich der Bühnenbildner und Regisseur Axel Manthey, der mit seiner zugleich puristischen und spielerischen Ästhetik den Bühnenraum zwischen Surrealismus und Abstraktion lustvoll ausgelotet hat.

https://angelika-luz.de/inszenierungen/

Wie haben sich deine Regiearbeiten über die Jahre entwickelt?

Der Beginn meiner szenischen Arbeiten ist erwachsen aus der Beschäftigung mit den großen Solo-Gesangswerken der Nachkriegs-Moderne, die ich nicht nur am Notenpult singend aufführen wollte. Aus meiner Opernerfahrung heraus habe ich Darstellungsformen entwickelt, die den Werken eine neue Dimension hinzufügten. Und diese Herangehensweise mündete schließlich in transdisziplinären Projekten ab den späten 1990-er Jahren und – auch wichtig – in der Entwicklung neuer Formate. So sind z.B. Projekte entstanden mit Jodeln und Neuer Musik im Gasthaus, ein performativer Wandel-Dialog mit Artefakten des Kunstmuseums Stuttgart oder eine Performance im Alpendorf Filzmoos mit partizipierendem Publikum im Steinlabyrinth und zuletzt das Stück „Babels weiße Tauben“, das Musik, Wort und Akrobatik verbindet. (Aufführungen Sommer 2023 Stuttgart Hospitalkirche / FESTIVAL EUROPÄISCHE KIRCHENMUSIK SCHWÄBISCH GMÜND)

Du machst in deinen Arbeiten oft den Schritt über die Gattungsgrenzen. Warum?

Der neugierige Blick über hergebrachte Grenzen zwischen den Disziplinen ist der stärkste Impuls meines Schaffens. Verbindungen zwischen Musik, Sprache, Tanz, Film, Medien, Figurenspiel, Akrobatik, Zauber oder gar Düften zu finden und herzustellen – dieser Dialog der Künste führt zu immer neuen, ungekannten und oft unerwarteten Ergebnissen. Künstlerinnen und Künstler aus unterschiedlichen Bereichen arbeiten zusammen und erleben im gemeinsamen Projekt verblüffende neue Erfahrungen und neue Perspektiven. Und das Schönste daran: Das Miteinander über die Grenzen der Disziplinen hinweg bringt uns immer wieder aufs Neue zum Staunen. 

Lässt sich deine Bühnenästhetik herleiten und erklären?

Jerzy Grotowski hat ab 1960 die Ästhetik eines „Armen Theaters“ entwickelt, das sich – weitgehend ohne Requisiten, Kostüme oder Bühnentechnik – fokussiert auf die Schauspieler*innen und ihren Ausdruck. Eine radikale Spielart des Theaters, die mich als Sängerin und Darstellerin unmittelbar angesprochen hat. Ich habe von Anfang an in meinen Inszenierungen mit der Konzentration auf die Darsteller*innen gearbeitet, auf ihr Spiel mit Stimme und Körper. Das optisch reduzierte und fokussierte Bühnengeschehen fordert das Publikum heraus, das Bild in seiner optischen Lückenhaftigkeit zu ergänzen. Das ist nicht weniger als eine Einladung, aktiv zu partizipieren und zugleich Raum für individuelle Deutungen und eigenes Verständnis.

Wie entstehen die Projekte mit ihren oft ungewöhnlichen Themen?

Der Ausgangspunkt für ein Projekt kann vieles sein. Themen unserer Zeit liegen in der Luft, bewegen die Menschen. Es gibt Begegnungen, bei denen eine Begebenheit oder ein Erlebnis eine Idee entzündet. Es gibt einen Ort, der einen „ruft“. Es gibt ein Musikstück, das aufgeführt werden will. Es gibt eine Anfrage. Es gibt plötzlich Verbindungen zwischen Orten, Menschen und Kunstformen. Auf eine Idee erfolgen Reaktionen. Es entsteht ein Geflecht aus Ideen, es entstehen Beziehungen zwischen den Menschen, Verbindungen zwischen den Künsten.

Die Fragen stellte Dr. Frank Thomas Lang

Pressestimmen
Die Inszenierung von Angelika Luz fügt die Versatzstücke kongenial zur Einheit zusammen. Großartige Künstler, Sprecher und Musiker inszenierten die anspruchsvolle Performance mit Verve. 

Helga Widmaier, Ostalb-Kultur 31.07.2023 über „Babels weisse Tauben“ beim FESTIVAL EUROPÄISCHE KIRCHENMUSIK SCHWÄBISCH GMÜND)

… prächtige Denkanstöße liefert der Abend und ein Gefühl, dass eine bessere Welt möglich wäre – wenn es da nicht den Menschen als limitierenden Faktor gäbe.
Jürgen T. Widmer, Remszeitung 02.08.2023 über „Babels weisse Tauben“ beim FESTIVAL EUROPÄISCHE KIRCHENMUSIK SCHWÄBISCH GMÜND

Ein Ensemble, das überrascht, verblüfft, irritiert, hinreißt. 

Marina Heidrich, Backnanger Kreiszeitung 24.01.2017
„Breakdance trifft minimal music“, Aufführungen in Stuttgart, Backnang, Ludwigsburg und Tübingen

Gerade aus der Reibung zwischen Klängen, Worten und Bildern von gestern und heute entstehen gut 90 Minuten Spannung und Poesie.

Susanne Benda, Stuttgarter Nachrichten 09.01.2014
Musiktheater „Frauenliebe“ . Aufführungen in Stuttgart, Esslingen, Luzern und Salzburg.

Das Ensemble v.act entwickelte aus all diesen singulärem Kompositionen ein Hör-Bild von größter Dichte und Farbintensität, nicht zuletzt seiner hohen technischen Qualität wegen. Bravi!

Annette Eckerle, Stuttgarter Nachrichten,19.1.2000
„Amazones- eine szenisch-konzertante Begegnung mit der Amazonen- Königin Penthesilea“
HDMK Stuttgart